Donnerstag, 2. Oktober 2014

Hobart - Port Arthur - Bicheno

Morgens um 7 Uhr haben die im selben Haus übernachtenden Kinder einer andern Gästefamilie mich geweckt, aber ansonsten habe ich ganz gut geschlafen. Das Badezimmer war noch der bessere Teil des Zimmers, und so startete ich gegen 9 Uhr Richtung Port Arthuer. Ich dachte,, das sei nur ein kurzer Abstecher, aber es zog sich dann doch gewaltig. Hobart selbst ist eine quirlige Stadt mit viel verkehr, aber sobald man einige Kilometer draußen ist, erinnert die Landschaft eher an den Hunsrück, wenn nur nicht immer wieder irgendwo das Meer da wäre. Schon nach einigen Kilometern sah ich einen Ameisenigel an der Strasse entlang wackeln, das war eine Überraschung.
Tasmanien besitzt seinen Namen von Abel Tasman, einem Niederländer, der als erster Entdecker 1642 seinen Fuss auf tasmanischen Boden setzte. Dass davor schon Aborigines vom Stamm des Pydairrerme-Clans das Land bewohnten, fällt ja bei solchen Namensgebungen immer regelmäßig unter den Tisch. Auf der Tasman-Halbinsel liegt der gleichnamige Nationalpark, in dem eine Population des Tasmanischen Teufels lebt, die nicht an der Devil facial tumor disease (DFTD), einer ansteckenden Tumor-Erkrankung des Gesichts, erkrankt ist. Da die Devils nachtaktiv sind, wäre der Tasman Devils Conservation Park eine Gelegenheit gewesen, die Tiere trotzdem zu sehen, aber 33 Dollar Eintritt haben mich dann doch abgeschreckt. Sollte die Krankheit sich weiter verbreiten, ist leider mit dem Aussterben des Tasmanischen Teufels zu rechnen.
Nächster Ort meiner Reise war Port Arthur an der Südküste der Halbinsel. Die Tasman Peninsula ist ja nur durch eine schmale Landzunge von 30 m Breite mit dem Festland verbunden. Das brachte die englische Regierung auf den Plan, an dieser Stelle ein Gefängnis für besonders schwierige Fälle - insgesamt 12000 an der Zahl - einzurichten. Ich zitiere mal aus Wikipedia:

Ursprünglich befand sich an der Stelle von Port Arthur seit 1830 eine Holzfällersiedlung. Von 1833 bis in die 1850er Jahre war es der Ort an den Großbritannien diejenigen Sträflinge mit den höchsten Strafen schickte. Außerdem wurden aufsässige Häftlinge anderer Gefängnisse hierher entsandt. Port Arthur ist eines der besten Beispiele für ein Gefängnis nach dem Panoptikum-Modell basierend auf dem Pentonville-Gefängnis in London. Hier zeigt sich der Übergang von einer physischen zur psychischen Bestrafung. Es hatte sich die Meinung entwickelt, dass die körperliche Bestrafung, die bisher in anderen Gefängnissen praktiziert wurde, die Sträflinge nur verhärte und keinesfalls in gewünschter Weise von ihrem Weg abbringe. Dies führte in Port Arthur zum Bau des Modell Prison, in welchem ein System der stillen Strafe praktiziert wurde. Zu jeder Zeit hatte absolute Ruhe zu herrschen. Die Häftlinge mussten teilweise Kapuzen tragen. Sowohl Insassen als auch Wärtern war das Sprechen über das notwendige Maß hinaus verboten. Sogar beim obligatorischen Kirchbesuch wurden die Häftlinge einzeln in die Kapelle geführt, in der sich Kabinen befanden, die den Blick- und Körperkontakt mit anderen Insassen unterbanden. Die Ruhe sollte den Gefangenen die Möglichkeit geben, über ihre Taten nachzudenken und diese zu bereuen. Obwohl die Unterbringung der Gefangenen und ihre Arbeitsbedingungen mit denen anderer Gefängnisse der Zeit vergleichbar und in vielerlei Hinsicht sogar schlimmer war, diente Port Arthur einige Zeit als Modell für die Reform des britischen Strafsystems. Port Arthur war eines der sichersten Gefängnisse seiner Zeit. Hierfür sorgte nicht zuletzt die natürliche Lage der Halbinsel. Sie ist von der Tasmansee umschlossen und nur über eine sehr schmale Landbrücke mit dem Festland verbunden. Über die Breite dieser Landbrücke wurde ein Zaun gezogen. Außerdem wurden Hunde an Pflöcken angebunden, wodurch ein Entkommen der Häftlinge unmöglich gemacht werden sollte. Ein Kontakt zwischen der Besatzung ankommender Schiffe und den Insassen wurde unterbunden. Bei der Ankunft mussten die Schiffe außerdem ihre Segel und Ruder abgeben. Vergleichbar mit dem viel späteren Alcatraz in San Francisco wurde den Häftlingen schon bei der Ankunft vermittelt, dass eine Flucht unmöglich sei. Einige Insassen wurden dadurch dennoch nicht von Fluchtversuchen abgehalten. Aufgrund der absurden Umstände ist der Fluchtversuch von Billy Hunt wahrscheinlich der berüchtigtste. Hunt verkleidete sich selbst als Känguru und versuchte die Flucht über Eaglehawk Neck. Die Verkleidung war so gut, dass die hungrigen Wachen versuchten das vermeintliche Känguru zu schießen, woraufhin sich Hunt ergab.
Obwohl das Gefängnis den Beginn eines neuen Zeitalters im Umgang mit Gefangenen markiert, waren die Bedingungen für die Insassen genauso rau und grausam wie an anderen Orten. Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, die psychologische Bestrafung der Gefangenen, verbunden mit der Gewissheit, dass eine Flucht unmöglich ist, war schlimmer als körperliche Bestrafung. Einige Sträflinge sollen getötet haben, um dem Leben in Port Arthur und sei es durch den eigenen Tod zu entkommen. Eine Beschreibung der Verhältnisse kann dem Roman Lebenslänglich von Marcus Clarke entnommen werden. Auf der nahe gelegenen Toteninsel (Isle of the Dead) wurden sowohl Insassen als auch Personal begraben, wenn sie in Port Arthur starben. Nach den Aufzeichnungen gibt es dort 1646 Gräber, von denen jedoch nur die der 180 Gestorbenen des Personals einen Grabstein haben. Die Verschiffung von Häftlingen nach Port Arthur endete in den 1850ern. Endgültig schloss das Gefängnis erst im Jahr 1877.

Als ich am Parkplatz ankam, waren bestimmt schon 500 Autos dort. Das größte historische Gebäude hatte gerade ein Gerüst drauf, der Rest waren eigentlich mehr oder weniger verfallene Gebäude. Dafür wollte das Visitor Centre dann aber 35 Dollar Eintritt haben. Ich schwankte noch einen Moment, aber dann entschied ich mich, noch ein paar Fotos von außen zu machen und den Platz wieder zu verlassen. Das Wichtige sind ja nicht die Überreste der Gebäude, sondern das, was vor fast 200 Jahren dort in staatlichem Auftrag passierte. Selbst 9-jährige Kinder mussten dort für das Stehlen von Spielzeug im Steinbruch arbeiten. 1996 kam es übrigens hier zu einem Massaker, als ein damals 28-Jähriger Tasmanier in wenigen Minuten 35 Menschen tötete und genauso viele verwundete. Er hatte einen Intelligenzquotient von 66 und sitzt jetzt 35-fach lebenslang im Gefängnis von Hobart ab. Immerhin hat dieser Vorfall in Australien zum Verbot automatischer Waffen geführt, In den USA ist für solch ein Verbot die Waffenlobby zu stark.

Außer den historischen Stellen findet man kaum etwas von Port Arthur. Ich fuhr dann wieder zurück und bog auf die Ostseite der Küste ab. Dort gibt es mit dem Blowhole, dem Tasman Arch oder Devils Kitchen wieder tolle Felsformationen. Das Wetter wurde jetzt zunehmend besser, und ich musste mich langsam sputen, noch 190 km bis zum gebuchten Backpackers in Bicheno. Über Oxford und Swansea ging es durch eine Landschaft, in der die Bäume gerade ihre ersten Blätter bekommen hatten. Wenn die Eukalypten nicht gewesen wären, hätte es auch in Europa sein können. Die Schafe waren gerade geschoren wie bei uns zum Frühjahr auch. Weder Känguruhs noch irgendwelche Echsen waren zu sehen, lediglich eine Hundertschaft weißer Kakadus hatte sich einmal an einem Acker niedergelassen. Kurz vor dem Dunkelwerden erreichte ich den Backpackers in Bicheno. 74 Dollar für ein winziges Zimmer, aber immerhin Kochmöglichkeit. Es ist aber jedes Zimmer belegt. Allerdings hatten erst mal 3 Thais die Küche in Beschlag. Die haben etwa 10 Hühnerbeine gebraten und anschließend im Ofen gegrillt, dazu Reis und Pommes, und andere Gäste mussten dafür 2 Stunden warten. Das ganze Haus stinkt jetzt nach dem Fett, und zwei Drittel des Essens liegen im Mülleimer. Ich lasse es mir jetzt trotzdem schmecken, bei mir gibt es Pasta mit 4 verschiedenen Käsesorten.


die Tasman Bridge in Hobart

Ameisenigel

Dunalley Kanal

überall nur Wasser

Blick auf die Tasman See

Port Arthur

Port Arthur

Tasman Arch

Blick auf die wilde Küste

man sieht die schmale Landzunge, über die alle müssen

wenn mein Kleingeld gereicht hätte ...

ein Jaguar XK 140

Spiky Bridge

hinten der Freycinet NP

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