Mittwoch, 16. Juli 2014

bin ich jetzt schwul, oder was ...?

Wer als Deutscher nach Australien einreisen will, braucht ein Besuchervisum. Das läßt sich inzwischen recht schnell  über einen online-Antrag kostenlos erledigen. Nur ein Pass muss her, der noch 6 Monate gültig ist. Ja, und genau das war das Problem. Bei mir klappte alles wie am Schnürchen, nach einigen Stunden war das Visum bewilligt. Aber bei meiner Lebensgefährtin Ulli - oder soll ich jetzt Lebensgefährte sagen - gab es ein Problem. Sie ist nämlich ein Mann, bei Geschlecht steht ein "m" für male. Keine Ahnung, seit wann sie das ist, ganz offenbar hat sie mich gründlich getäuscht. 

Mann oder Frau, das ist hier die Frage

 Dazu passend lese ich gerade das Buch von John Irving "In einer Person", das er für seinen schwulen Sohn Everett geschrieben hat. Nicht erst seit Robert Musils "Die Verwirrungen des Zöglings Törless" versuchen sich immer wieder Schriftsteller mit dem Thema sexueller Orientierung während der Pubertät und danach, und Irving ringt in seinem Roman um die Anerkennung bisexueller und transsexueller Liebesbeziehungen im prüden Amerika mit ganz ähnlich skurrilen Figuren wie in "Garp oder wie er die Welt sah" oder "Gottes Werk und Teufels Beitrag".
Ich gebe es zu, ich bin ohne Vater aufgewachsen, und Opas, Onkels und Brüder hatte ich auch keine mehr. Einzig meinem Vetter konnte ich einmal im Jahr beim Pinkeln zuschauen, sonst lebte ich die ersten 10 Jahre meines Lebens nur unter Frauen. Mit dem Gymnasium änderte sich das, für 10 Jahre - mit einer Ehrenrunde - lebte ich fast nur unter Jungen, obwohl wir ein modernes Internat mit einem Viertel Mädchenanteil waren. Dem Leiter sagte man nach, dass er manchen kleinen Jungen zu nahe trat. Ein Problem, mit dem viele Internate und auch die Kirche zu kämpfen hatten und immer noch damit beschäftigt sind, siehe Odenwaldschule. Jedenfalls war es eine schwierige Zeit der Selbstfindung, besonders deshalb, weil ich anders als Irvings Romanheld eher auf meine Umwelt gehört hatte als auf mich selbst.
Trotzdem habe ich mich bisher immer für heterosexuell gehalten, jedoch bezeugt Ulli's Pass etwas Anderes. In Australien scheint das aber kein so großes Problem zu sein, es gibt sogar eine lesbische Ministerin. Gerade hat sich der fünfmalige australische Olympiasieger im Schwimmen , Ian Thorpe, zu seiner Homosexualität bekannt. Das heißt aber nicht, dass der zuständige Beamte in der Immigration bei den Namen "Ulrike Margot" und dem Geschlecht "male" beide Augen zudrückt. Um möglichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, beantragte Ulli deshalb einen neuen Pass. Wäre ja auch zu dämlich, 2 Tage im Flieger zu sitzen, um dann gleich wieder den Rückflug antreten zu müssen. Erster Satz der ausstellenden Behörde: Sie haben damals bei der Abholung unterschrieben, dass alles in Ordnung ist, also müssen Sie auch den neuen Pass bezahlen. 91 Euro , obwohl doch die Behörde den Fehler gemacht hat! Schuld sind halt immer die Andern! Und Behörden haben ja sowieso immer Recht!
   

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